Hochfügen - vom "weltverlorenen" Tal zum Skizentrum

Welten-Wechsel: 700 Jahre lang Stille und Einsamkeit im Winter, danach 70 Jahre quirliger Skisportler-Treff. Ich suche nach Spuren in Hochfügens Geschichte und entdecke viele.

Spurensuche ist spannend. Ich stelle mir Tierspuren im Schnee vor, wie ich sie im Naturkundeunterricht seinerzeit als Rätsel bekam. Die Spurensuche nach Hochfügens Geschichte beginnt und endet ebenfalls im Schnee. Aus dem fönsicheren abgeschiedenen "Schneeloch" wuchs ein prosperierendes Tourismuszentrum.

Wikipedia hilft beim Einstieg: Hochfügen bezeichnet das weltweite Online-Lexikon als ein, in den 1960ern gewachsene „Retortensiedlung“. Erste Spur gefunden. Kopfkino dazu: nicht gerade kuschelig. In der Realität ist Hochfügen weit schöner. Eine 1.480 Meter hoch gelegene Hotelsiedlung, Pisten bis zur Haustür, gut erreichbar. „Ski-in Ski-out“ klingt da schon verlockender. Die Gäste sind gut gelaunt, Partymusik schallt nachmittags über die Terrassen, aber nicht penedrant, nur beschwingt. Die Hotels haben Niveau. Skifreunde pendeln vom Holzalm-Lift zu den Lamark-Liften hinüber, oder sie steigen in die Gondeln des 8-er Jets ein. Hier, am Ende der Hochfügener Straße ist was los im Winter. Richtig viele Skispuren und Skischuh-Pfade überziehen die Schneedecke.

Hochfügen in den 1950er Jahren
Finsinggrund, meterhoher Schnee. Die Lamark-Almhütten lugen kaum aus der dicken Last. Einsamkeit, Stille, ein paar Gemsen rupfen trockene Halme aus den wenigen schneefreien Böden. Wenn sich etwas regt, sind es Wildhasen oder Schneehühner. Sie hinterlassen ihre Spuren. Fotografiert hat das niemand – weil keine Menschenseele im tiefen Winter zu den Almen am Finsinggrund hinaufgeht. So stelle ich mir das vor, kitschige lebensfeindliche Romantik im damaligen Hochfügen.

Neue Vision für den abgeschnittenen Almboden
Hans Theato - der bekannte deutsche Alpinist und Skisport-Trainer "entdeckte" den Finsinggrund, auf dem das Skigebiet Hochfügen entstand.
Wenige Haudegen durchquerten mit Skiern dennoch die Alpen. Unter ihnen der deutsche Bergsteiger Hans Theato. Er muss ein richtig „wilder Hund“ (das ist eine Zillertaler Ehrenbezeichnung für Wagemutige) gewesen sein, denn sein Name ist im historischen AlpenArchiv und Bergvereins-Jahrbüchern genannt. Hans war Seilgefährte berühmter Erstbesteiger wie Herbert Eichhorn, und er zählt zu den härtesten Burschen im Fels. 1959 steht er am Gipfel des 2.500 Meter hohen Gilfert. Vor meinem geistigen Auge: nach Anstieg auf Tourenskiern, denen die braun-weiß gefleckten Seehundfelle notdürftig Halt geben. Nur die eine Steigspur von Hans und seinem Begleiter führt dort hinauf. Theato späht dem kaum sichtbaren Lauf des Finsingbaches entlang, der am Gilfert-Abhang entspringt. Er überblickt den weiten baumlosen Finsing-Grund und sinniert: „Dort gäbe es doch ein veritables Skigebiet ab.“ Später, im Frühling bei der Auerhahnjagd, soll er ebenfalls die Gegend begutachtet haben.

Ein Deutscher war's
Ein auswärtiger Ski-Tourist hatte also die Naturschönheit Hochfügens entdeckt. In den 50ern ist der Finsinggrund (unser heutiges Hochfügen) noch ein buchstäblich weißer Fleck auf der Skigebiets-Landkarte der Alpen. „Kein Mensch fährt da hinauf zum Skifahren“ raunzten die Zillertaler, als Hans Theato Liftbau im Finsinggrund vorschlägt.

Das Netzwerk ist genial
Fred Unterwurzacher, Bäcker in Fügen, war einer der Pioniere: mit seinem Einsatz entstand das Skigebiet Hochfügen.
Der Visionär Theato weiß aber, was zu tun ist. Zufällig suchen deutsche Investoren einen Platz für den Bau von Bergbahnen und Hotels. Damit beginnt die junge Geschichte Hochfügens: Sie hinterlässt nun viele Spuren! Klaus Theato, Enkel des Pioniers, wohnt heute in Hochfügen und erzählt (ein leichter Bayrischer Zungenschlag erinnert an die Herkunft): „Mein Großvater war damals Trainer der deutsch-österreichischen Skimannschaft. Ein Langläufer im Team namens Unterwurzacher stammte aus Fügen.“ Mit ihm setzte sich der Alpenkenner zusammen und ist über Pflanzgarten nochmals zu dem „Schneeloch“ Finsinggrund hinauf.

Hans Theato muss ebenso viel Überzeugungskraft besessen haben, wie Power in den Bergsteiger-Wadeln: Es geht jetzt schnell. Prompt gewinnt Theato 1960 die deutschen Investoren Dr. Siebeneicher und Herrn von Boddien, gründete eine Gesellschaft und beginnt mit der Erschließung des Skigebietes. Hans Theato wird Geschäftsführer.

Die Bügel und Sessel schwingen
Der moderne Wintersport kommt ins Hochtal. Zwei Tellerlifte werden 1961 gebaut: der Lamarklift und der Pfaffenbühel-Lift. Kurz vor Weihnachten feiern die Lift-Bauer die Jungfernfahrt. Zufällig unterstützt sie die alpine Wetterlage. Der Münchner Merkur vermerkt am 21. Februar 1962, dass es "um Weihnachten und Neujahr sozusagen nirgends Schnee gab, drinnen, im hinteren Finsinggrund war er reichlich." Von 1.500 bis 1.950 Meter Seehöhe befördern die beiden elektrifizierten Schlepplifte Skifans, die auf den beiden 450 Meter langen Pisten abfahren - oder "wedeln". Grandios müssen sie gewesen sein. Der Redakteur des Münchner Merkur vergleicht sie mit dem berühmten Galzig von St.Anton und schwärmt: "Der alte Skifuchs Hans Theato weiß, wie Abfahrten sein sollen..." Liftkapazität: Jeweils 600 Personen pro Stunde. Das ist enorm viel, wie kommen sie hin? Die Gemeinden Fügen und Fügenberg hatten oberhalb eines gefürchteten Lawinenareals eine 13 Kilometer lange Höhenstraße gebaut, die zu Beginn nur einspurig befahren werden kann. Klaus Theato weiß: „Am Anfang der Straße war eine Holzhütte, bei der man entgegenkommende Fahrzeuge abwarten musste.“

Das Tal floriert
Klaus Theato blickt zurück: 1961 gab es im Finsinggrund am Talende die Holzalmen, gegenüber die Lamark-Almgebäude und ein paar Meter weiter talwärts nur 3 Gebäude: die Hütte des Schwazer Skivereins, gegenüber ein einzelner Kuhstall und Großvaters Haus. Sonst nichts.“ Übernachten können Skifahrer jedoch bald: Als erste Unterkunft eröffnet 1963 das Berghotel von Frau Babette Guggemoos, ebenfalls aus Deutschland. Dann gab es das Hotel Lamark. Auch im Haus Theato bot man zuerst Geschäftsfreunden, dann Winterurlaubern Unterkunft an. Das Haus Theato bleibt übrigens bis heute ein Gästehaus, klein und fein. Die anderen Hotels wandeln sich, wachsen, wechseln die Besitzer und beherbergen nun alles, was der zeitgemäße Skitourist erwartet. Das Berghotel Hochfügen wird heute von Ernst und Isabella Erlebach geführt, stolz zeigt Familie Erlebach die Geschichte des Hauses. Im Hotel Lamark heißt Familie Fankhauser Gäste willkommen und begeistert Freunde erlesener Küche mit Fernsehkoch Alexander Fankhauser. Das Hotel Almhof mit angeschlossener Skischule begrüßt seine Gäste im Tiroler Stil. Der Zirbenhof von Familie Rainer sowie das Appart & Chalet Montana liegen auf der Sonnenseite Hochfügens und sind mit ihren Familienzimmern und Ferienwohnungen optimal für den Skiurlaub mit Kindern geeignet.
Im Hochtal Hochfügen ist bei allen Unterkünften Ski-in Ski-out direkt vom Frühstückstisch auf die Piste und wieder zurück möglich :-)

Im Urlaub auf Spurensuche:

• So geht’s direkt nach Hochfügen:  in der Zillertaler Gemeinde Fügen zur Hochfügener Straße abzweigen – mit dem Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln (bis Bahnhof Fügen und dann mit dem Skibus). Auf 1.480 Metern Seehöhe, pollenfrei, mitten im Schnee urlauben.
• Insider-Tipp: in den charmanten Appartements des Gästehaus Theato wohnen, Bilder aus der Gründerzeit betrachten, vielleicht eine spannende Begebenheit von damals erfahren
• Urlaub mit Geschichte: Berghotel HochfügenHotel Lamark, Appart & Chalet Montana, Hotel ZirbenhofHotel AlmhofKaiser Franz Josef HüttenThaler Hütte,
• große Auswahl an Unterkünften in der Ersten Ferienregion im Zillertal, nahe Hochfügen
• Skigebiete Hochzillertal-Hochfügen & Spieljochbahn: über 110 km Pisten, Snow-Park, 600 – 2.500 m Seehöhe, 47 Liftanlagen. Einstiege in Fügen (Spieljochbahn), Hochfügen, Kaltenbach (Hochzillertal)

Erstellt: März 2018
Aktualisiert: Oktober 2022

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